„Inspiration Brasilien“ - die Ikonen der brasilianischen Baukunst

Montag, 3. September 2018 18:30, Restaurant Bellevue
Referenten/innen: Rita Wagner

„Inspiration Brasilien“ - Die Ikonen der brasilianischen Baukunst
Unsere Mitrotarierin Rita Wagner erfüllte sich letztes Jahr mit einer Architekturreise nach Brasilien einen Traum. Rita Wagner hatte ab 1996 ein eigenes Architekturbüro in Zürich, war von 1999 - 2005 Assistentin an der EPFL Lausanne und an der ETH Zürich. Seit 2006 ist sie Mitinhaberin des Architekturbüros VOMSATTEL WAGNER ARCHITEKTEN in Visp.

In Brasilien waren 3 Städte das Ziel einer 11köpfigen Reisegruppe. Sao Paulo, das wirtschaftliche und bevölkerungsmässige Zentrum Brasiliens mit etwa 18 Millionen Einwohnern. Brasilia, die 1960 eingeweihte «neue» Hauptstadt mit 2 Millionen Einwohnern und Rio de Janeiro, die schöne Vorzeigestadt, auch etwa 10 Millionen gross. Vieles ist nicht mit europäischen Verhältnissen vergleichbar. Die bauliche Dichte dieser Städte und auch das Wohnhochhaus mit 30 - 50 Geschossen als verbreitete und akzeptierte urbane Wohnform, finden wir in diesen brasilianischen Städten seit den fünfziger Jahren.

Sao Paulo

Die Stadtarchitektur Sao Paulos ist ein guter Einstieg in dieses bedeutendste Land Südamerikas. In Brasilien fand der «Brutalismus» als Architekturstil der Moderne, ab 1950 eine grosse Verbreitung fand. Der Begriff findet seinen Ursprung im französischen béton brut (roher Beton), mit dem Le Corbusier seinen bevorzugten Werkstoff beschrieb. Der Brutalismus ist dabei geprägt von der Verwendung von Sichtbeton, der Betonung der Konstruktion und der Gliederung der Gebäude. Wichtige Architekten dieses Architekturstils in Brasilien waren Lina Bo Bardi, Lúcio Costa, Oscar Niemeyer und Roberto Burle Marx. Das in den letzten fünfzig Jahren entstandene neue Zentrum Sao Paulos, entlang der "Avenida Paulista", hat eine axiale Aufreihung von repräsentativen Geschäfts- und Kulturbauten, vorwiegend zwischen 20 und 40 Geschossen hoch.
Besonders eindrucksvolle Beispiele von der Architektin Lina Bo Bardi sind ihr Wohnhaus, die Casa de Vidro (Gläsernes Haus), welches sie sie zwischen 1950–1952 baute und das «Museu de Arte de São Paulo» (1957), bekannt als „schwebendes Museum“.

Brasilia

Diese neue Hauptstadt wurde 1960 eingeweiht und war ein Kraftakt des damaligen Präsidenten Kubitschek. Kubitschek hatte Oscar Niemeyer als Hauptverantwortlichen für die Durchführung des Projekts sowie als obersten Juror bei der Vergabe der Aufträge berufen. Als Stadtplaner wurde Lùcio Costas engagiert, der den so genannten «Plano piloto» gestaltete. Niemeyer selbst entwarf als Leiter des staatlichen Bauamts unterdessen alle wichtigen Regierungsgebäude: In nur vier Jahren war die Stadt so weit errichtet, dass sie offiziell eingeweiht werden konnte. Auch hier ist das Wohnen im „Grossblock“ eine Selbstverständlichkeit, nicht nur in Sao Paulo oder Rio.

Rio de Janeiro
Der Nobelstrand von Copacabana hat sicher in den vergangenen Jahrzehnten einiges von seiner Vornehmheit verloren, auch mit der Pflästerung von Burle Marx. Die Stadtgestalt in Zusammenhang mit Topographie und tropischer Vegetation bleibt eindrucksvoll. Neben vielen Bauten von Niemeyer, Costa, Reidy und vielen anderen Stars der fünfziger bis achziger Jahre, ist eines der ersten Beispiele der klassischen Moderne. Besonders eindrücklich ist der künstlich angelegte Park von Burle Marx. 1949 kaufte er eine 80 Hektaren grosse Farm. Er kultivierte hier tropische Pflanzen, die er auf seinen Expeditionen gesammelt hatte, um sie als Gartenpflanzen zu verwenden. Er vermachte das Anwesen 1985 dem Staat. Es wird heute durch das Nationale Institut für Historisches und Künstlerisches Erbe verwaltet und kann besichtigt werden. Burle Marx gilt als der Begründer der modernen Gartenarchitektur überhaupt. Seine Gärten zeichnen sich durch organische, geschwungene Formen aus.

Eindrücklich bleibt von dieser Reise auch der Eindruck, dass die Innovation in der Architektur in jenen Jahren neben räumlich Aspekten sich auch auf konstruktive und soziale Bereiche ausdehnte. Dabei verbergen sich hinter den weitgespannten, überraschend offenen Gebäude nicht nur räumlich- ästhetische Ideale, sondern auch übergreifende gesellschaftspolitische Vorstellungen.

Rot. Josianne Wyssen

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