Ernährungstrends - Interclubmeeting mit dem Inner Wheel Club Oberwallis

Montag, 13. August 2018 18:30, Restaurant Staldbach
Referenten/innen: Andrea Staudacher

Future of Food
Am Rotary Meeting vom 13. August 2018 trafen wir uns gemeinsam mit dem Inner Wheel Club Oberwallis im Restaurant Staldbach. Das anfänglich doch eher neutrale Thema ‚Ernährungstrends‘ hat für einen vollen Saal gesorgt. Viele wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, was sie erwartete. Auf dem Tisch lag bereits ein leckeres Apéro und die Zuhörer griffen herzhaft zu. Die Referentin Andrea Staudacher von Futurfoodlap startete ihre Präsentation mit dem vielversprechenden Titel "Future of food“. Die Ereignisdesignerin aus Bern gestaltet Erlebnisse rund ums Essen und wagte einen kulinarischen Ausblick in die nächsten 20 Jahre.

Aktuell haben wir auf der Welt eine Massenproduktion in der Lebensmittelproduktion. Eine Fleischkrise kommt ohne Zweifel auf uns zu. Wir brauchen zu viel Protein, weil unter anderem neue Konsumgruppen aus Asien auf den Markt drängen und mehr Fleisch benötigt wird. Der Fleischkonsum wird sich gemäss Staudacher in den nächsten Jahren verfünffachen. Einen Ausweg aus der Fleischkrise sieht sie nur mit zwei Möglichkeiten: Umdenken und technischer Fortschritt. Umdenken: es braucht ein Paradigmawechsel und zwar können wir ganz einfach Proteine aus Insekten gewinnen. Hierbei ist die Schweiz ein Pionier, hat sie doch als eines der ersten Industrieländer Insekten im Lebensmittelgesetz verankert.

Warum sollen wir aber Insekten essen? Für Staudacher und ihre zweijährige Tochter ist das ganz normal. Sie hat sich schon vor Jahren total umgepolt und verzichtet auf Fleisch und konsumiert Insekten. Eine Grille oder Heugümper besteht zu 70% aus Protein. Das meiste von den Insekten ist im Vergleich zu einem Rind essbar. Abfallprodukte gibt es somit kaum. Eine Massentier- bzw. Masseninsektenhaltung ist sehr einfach und auch ethisch vertretbar, weil die Insekten auch in der Natur in der Regel in Massen vorkommen. Zudem braucht es für die Aufzucht von Insekten kein Antibiotika und es gibt auch keine auf den Menschen über die Nahrung übertragbaren Krankheiten. Die Vorteile den Proteinkonsum über die Insekten zu decken, liegen somit auf der Hand.

Das Problem ist der EQ (emotionale Quotient): Insekten werden in Europa als Schädlinge angesehen und /oder man ekelt sich vor ihnen. Es müssen zuerst diese Hürden überwunden werden, damit das Umdenken stattfinden kann. Viele Länder (afrikanische oder asiatische) konsumieren bereits unlängst Insekten.

Andrea Staudacher hat vor 6 Jahren ein Insektenkochbuch herausgegeben. Es gibt bereits die 3. Auflage dieses Werkes. Es ist somit ein sehr gefragtes Kochbuch und erfreut sich eine grossen Nachfrage. Ihr Ziel ist ein kulinarischer Genuss statt ein Gruselfaktor bei den Menschen zu erreichen. Wir Europäer oder Schweizer essen Insekten nicht, weil uns die Geschichte bzw. die Tradition fehlt. Wir müssen somit eine Geschichte rund herum weben. Staudacher macht den Querverweis auf Sushi: vor vielen Jahren konnte sich in Europa auch niemand vorstellen rohen Fisch zu essen. Heute ist es eine Delikatesse und kaum noch wegzudenken.

Leider stellt Staudacher aber einen Rückgang des Insektenkonsums in der Schweiz fest. Gemäss ihr sind die angebotenen importierten Produkte qualitativ schlecht. Sie empfiehlt einheimische Produkte: z.B. die Drohnenlarven, die der Imker ohnehin wegwirft, zu verwerten. Sie schmecken anscheinend sehr lecker.

Neben dem Umdenken soll eben auch die Technik helfen, die Fleischkrise zu bewältigen. Das Zauberwort heisst hier: in-vitro meat. Es handelt sich um Fleisch, das im Labor wächst. Hierfür entnimmt man einem lebenden Tier Stammzellen und züchtet diese im Labor weiter. Nach 6-8 Wochen haben wir echtes Fleisch ohne die übliche ökologische Belastung. Leider braucht es hier für das Zellwachstum ein Serum, welches nur aus dem Herzen von lebende Jungtieren gewonnen werden kann. Es ist also ethisch gesehen keine schmerzfreie Produktion von Fleisch. Neben den erwähnten ökologischen und ethischen Aspekten wird auch der Genussfaktor in der Zukunft immer wichtig bleiben.

Dass der Genuss bei den anwesenden Mitglieder von Rotary und dem Inner Wheel Club bereits mit ein paar Insektenhäbchen angeregt wurde, lüftet nun Marcus Marienfeld. Er und ein Team der kochenden Rotarier haben das anfänglich erwähnte Apéro auf Insektenbasis vorbereitet. Da nur die wenigsten das vermutet haben, war auch der vermeintliche Ekel nicht präsent und praktisch auf allen Tischen wurden die Platten geleert. Die nun offiziell angekündigte Insekten-Quiche wurde dann mit offenem Mund empfangen … und hat geschmeckt.

Es kamen noch einige spannende Fragen an die Referentin und eine wegweisende Aussage: Ein Rind macht aus 10 kg Futter 1 kg Körpermasse bzw. Fleisch, das Insekt macht mit der gleichen Menge 9 kg. Das Umdenken hat zumindest an diesem Abend funktioniert. Insekten kreuchen und fleuchen nicht nur herum, sondern schmecken auch vorzüglich. En güätä.

Rot. Mermod Olivier

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