CO2-frei Heizen und Kühlen im Oberwallis mit Abschiedsapéro von Matthias Sulzer

Monday, September 28, 2020 18:30-19:30, Visp, Restaurant Staldbach
Speaker(s): Matthias Sulzer

Unser Mitrotarier Matthias Sulzer ist seit 18 Jahren im Wallis tätig und seit Mai 2005 Mitglied des Rotary Clubs Brig. Matthias war bis 2015 CEO der Lauber IWISA AG und hat anschiessend die Rolle des Verwaltungsratspräsidenten übernommen. In dieser Funktion  hat er sich schwerpunktmässig auf die Innovation, die strategischen Aufgaben und die Kundenbetreuung des Unternehmens gekümmert.

Matthias wird sich neu schwerpunktmässig der Lehrtätigkeit an der ETH und der Forschung an der EMPA zum „Thema Energieversorgung in den Städten“ widmen und wird daher das Wallis verlassen und sich in der Region Zürich niederlassen. Auf der Basis eines Empfehlungsschreibens des Rotary Clubs Brig wurde Matthias inzwischen vom Rotary Club Schaffhausen herzlich willkommen geheissen.

Zum Abschied hält uns Matthias eine Abschiedsvorlesung zum Thema „CO2-freies Heizen und Kühlen im Oberwallis und lädt die anwesenden Rotarier anschliessend zu einem Apéro inkl. Imbiss ein.

Um das Klima zu schützen muss der CO2 Ausstoss über die nächsten Jahre drastisch reduziert werden. Von den gesamten Treibhausgasemissionen werden 32% durch Verkehr, 24% durch Gebäude, 24% durch Industrie und 19% durch die Landwirtschaft und Abfallbehandlung sowie den Ausstoss von synthetischen Gasen verursacht.

Die Schweiz hat sich im Rahmen des Pariser Klimaübereinkommens verpflichtet, bis 2030 ihren Treibhausgasaustoss gegenüber 1990 zu halbieren. Aufgrund der neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen des Weltklimarates hat der Bundesrat im August 2019 entschieden, dieses Ziel zu verschärfen. Ab dem Jahr 2050 soll die Schweiz unter dem Strich keine Treibhausgasemissionen mehr ausstossen (Emissionbilanz Netto-Null).

Mit den heute bekannten Technologien und dem Einsatz von erneuerbaren Energien können die CO2-Emissionen bis 2050 drastisch gesenkt werden (Photovoltaik, Wärmepumpen, Elektromobilität, synthetische Brenn- und Treibstoffe). Zum Ausgleich der verbleibenden Emissionen  sollen künftig neben den natürlichen CO2-Speichern (Wald und Boden) auch Technologien zum Einsatz kommen, die der Atmosphäre Treibhausgase dauerhaft entziehen und diese speichern (carbon capture storage).

Wie bereits oben erwähnt, ist der Gebäudesektor für rund 24% der CO2-Emissionen verantwortlich. Das Heizen allein verursachte im Jahr 2018 einen CO2-Austoss von rund 15.8 Millionen Tonnen. Durch energetische Sanierung besteht ein riesiges Potential diesen Ausstoss zu verringern, ohne dabei auf Wohnkomfort zu verzichten. Wir sprechen dabei von Sanierungsmassnahmen im Bereich der Gebäudehülle, effizientere Technologien wie Wärmepumpen oder aber die Nutzung von erneuerbaren Energien (Grundwasser, Erdwärmesonden, Luft, Solarenergie oder Biomasse).

In Zukunft wird dir Rolle der Gebäude in unserem Energiesystem immer wichtiger. Denn sie werden nicht mehr nur Energie verbrauchen, sondern auch durch ausgeklügelte Systeme Energie produzieren, speichern und überschüssige Energie abgeben.

Im Oberwallis konnte man inzwischen verschiedene Masterpläne (u.a. Visp und Brig) machen. In Zukunft wird neben dem heizen auch das kühlen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Vor allem ältere Leute regieren empfindlich auf Wärme, so dass es beim Neubau von Altersheimen bereits an der Tagesordnung ist, dass man Kühlanlagen verbaut.

Um diesen Energiebedarf zu decken reicht die Wasserkraft allein nicht aus, und auch der von den Öl- und Gasheizungen abgedeckte Bereich muss über die Jahre durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Um das gesetzte Ziel von Netto-Null zu erreichen geht der Trend heute immer mehr in Richtung dezentraler Energiesysteme. Es handelt sich dabei um Systeme, beziehungsweise um Zusammenschlüsse von mehreren, mit erneuerbarer Energieproduktion ausgestatteten Gebäuden, die verschiedene Energieträger wie Strom, Wärme oder Wasserstoff kombinieren sowie Technologien zur Energiespeicherung (Batterien, thermische Speicher) und -umwandlung (Wärmepumpen) umfassen. Ziel ist dabei, den Grossteil des Energieverbrauchs mit lokaler Produktion zu decken, indem die Flexibilität der eigenen Speicher und die Umwandlung von Energieträgern genutzt wird. Man muss sich aber bewusst sein, dass ein solches System sehr komplex ist.

Dezentrale Energiesysteme versprechen trotz hoher Anfangsinvestitionen zahlreiche Vorteile, wie die Senkung der Energiekosten durch höhere Eigenverbrauchsquoten oder die Glättung von Leistungsspitzen durch Energiespeicherung und -umwandlung.

Bei der Ölheizung ist es genau umgekehrt. Hier ist die Anfangsinvestition niedrig, der Energiekosten aber hoch.

Seitens der Gemeinden sind die Herausforderungen für den Aufbau eines dezentralen Energiesystems gross. Dazu bedarf es verschiedener Rahmenbedingungen. Erwähnt seien hier die Erarbeitung einer Energiestrategie, die Errichtung der Anlagen auf öffentlichem Grund und Boden, sowie die Schaffung von Anreizen, dass sich Private an das neue Energienetz anschliessen.

Im Bereich Forschung erhofft man sich, dass die Systeme immer kosteneffizienter werden. Sowohl im Bereich der Batterien aber auch der Brennstoffzellen erwartet man in den kommenden Jahren riesige Fortschritte.

Matthias bedankt sich bei den zahlreich erschienenen Rotariern für das aufmerksame Zuhören. Nach der Beantwortung von verschiedenen Fragen kommt er zum Schluss und möchte es nicht unterlassen, sich für die schöne Zeit im Rotary Club Brig zu bedanken und ist sich sicher, dass er immer wieder ins Wallis zurückkehren wird.

Berichterstatter Daniel Volken

Referent Matthias Sulzer